By Published On: 2. Mai 2023Categories: Psychologie

Die Verschwörungstheorien türmten sich während der Coronakrise: Die Impfung als geheimer Genozid, welcher die Genetik verändert, der Lockdown als erstes Zeichen für
eine Diktatur und noch viele weitere Erzählungen, welche die Bevölkerung verunsicherten, entwickelten sich zu dieser Zeit rasant (Skudlarek, 2021, S. 152-153). Doch warum
entstehen solche Theorien, wie kann man Betroffenen helfen und was können sie uns
beibringen? Dieses Thema wird am Beispiel der Coronakrise im Folgenden aufgezeigt.

Verschwörungstheorien

Um diesen Themen auf den Grund zu gehen, sollte der Begriff Verschwörungstheorie
erst definiert werden. Nocun und Lamberty (2020) bietet dabei folgende Definition:
„Eine Verschwörungserzählung ist eine Annahme darüber, dass als mächtig wahrgenommene Einzelpersonen oder eine Gruppe von Menschen wichtige Ereignisse in der
Welt beeinflussen und damit der Bevölkerung gezielt schaden, während sie diese über
ihre Ziele im Dunkeln lassen.“ (S. 18).

Welchen Nutzen haben Verschwörungstheorien für uns und
wer ist besonders anfällig?

Anhänger glauben an sie, weil sie ihnen Nutzen bringen. Zum einen können sie für ein
komplexes Thema eine simple Zusammenhangsvermutung geben. Vor allem bei Themen, welche für Laien schwer verständlich sind, können solche Theorien eine Erleichterung sein, da sie einem das Gefühl geben die Situation verstanden zu haben. Besonders
in Krisensituationen kann dies Kontrolle und Sicherheit vermitteln. Die Coronapandemie
gab dabei die besten Voraussetzungen für Verschwörungsideologien. Sie war eine
Krise, dessen Ende nicht abschätzbar war und es zu Beginn wenig wissenschaftliche
Informationen gab, was auch die Bestimmung der Gegenmaßnahmen erschwerte und
somit zu noch mehr Verunsicherung führte. Das mangelnde Wissen bot Raum für subjektive und nichtwissenschaftliche Erklärungen gemischt mit der Verunsicherung (Götz & Vottele & Hespers, 2021, S. 110-112).
Doch die Coronakrise war nicht der Beginn von Verschwörungstheorien. Der Mensch
hat schon immer dazu tendiert hinter Ereignissen und Entwicklungen Muster zu suchen,
egal wie bizarr sie sein mögen (Jäggi, 2021, S. 141). Es zeigte sich jedoch, dass bestimmte Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmale eine Person anfälliger für solche
Theorien machen. Misstrauen, Narzissmus und das Bedürfnis ein besonderes Wissen
zu haben, können solche Einstellungen sein. Vor allem in der Coronakrise könnten auch
die Sorgen über die eigene Gesundheit und Sterblichkeit die Anfälligkeit für Verschwörungstheorien verstärkt haben. Weitere solche Merkmale sind mangelnde Bildung und
Intelligenz, Leichtgläubigkeit oder Ablehnung von gängigen wissenschaftlichen Befunden (Taylor, 2020, S. 99). Oft empfinden Menschen, welche an Verschwörungen glauben auch ein Gefühl von Entfremdung, Ohnmacht, Feindseligkeit und Benachteiligung,
sowie ein Bedürfnis nach abgeschlossenen Erzählungen, welche in der wahren komplexen Welt nicht oft zu finden sind (Haas, 2021, S. 42).

Wie kann dem Glaube an Verschwörungstheorien
entgegengewirkt werden?

Anhänger von Verschwörungstheorien sind oft nicht an Fakten interessiert, und wenn,
dann nur an solchen die ihre Weltanschauung bestätigen (Jäggi 2021, S. 143). Gerade
aus diesem Grund kann ein Mehr an Wahrheit nicht das Problem lösen. Hier sollte eher
wertschätzende Kommunikation genutzt werden, anstatt auf die Wahrheit zu pochen
(Paganini, 2022, S. 171). Auch ein belehrendes und herablassendes Auftreten wirkt wenig hilfreich. Ein besserer Weg wäre hier eher eine respektvolle fragende Haltung, durch
die die Person möglicherweise auch ihre eigene Antwort in Frage stellt. Zudem sollte
bedacht werden, dass die Motivation für den Verschwörungsglauben oft durch Ängste
und Sorgen entsteht. Diese sollten ernst genommen werden, ohne dass den Themen
zugestimmt wird. Hier könnte versucht werden diese Sorgen oder Bedürfnisse anderweitig zu befriedigen. Zuletzt sollte auch bedacht werden, dass Verschwörungsheorien
oft aus dem Gefühl von Ohnmacht oder Benachteiligung wachsen. Diesem Gefühl
könnte entgegengewirkt werden, indem versucht wird die sozialen und wirtschaftlichen
Umstände in der Gesellschaft zu verbessern und so das Gefühl von Wirksamkeit und
Zusammenhalt zu stärken (Haas, 2021, S. 42).

Fazit

In diesem Beitrag wurde erklärt, wie und warum Verschwörungstheorien entstehen und
wie man Betroffenen helfen kann. Wie das Beispiel der Coronakrise gezeigt hat, entstehen Verschwörungstheorien oft aufgrund von Verunsicherung, jedoch gibt es auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, welche Personen für den Glauben an solche Theorien anfällig machen können. Um Betroffenen zu helfen, sollte vor allem versucht werden, Wertschätzung zu vermitteln und sie anzuregen ihre Theorien selbst infrage zu stellen.
Verschwörungstheorien sind nur ein weiteres Beispiel dafür, wie wichtig es ist, jeden
Menschen in seinen Bedürfnissen ernst zu nehmen. Wenn die Bedürfnisse vor allem in
Krisensituationen (ob persönlich oder global) nicht befriedigt werden können, so werden meist Ausweichstrategien gefunden, welche die Lage oft nur verschlechtern. Die Moral
dieses Beitrags ist meiner Meinung nach somit: Seht immer hinter die Fassade eines
Menschen, denn in jeder Handlung steckt auch ein Bedürfnis!


Literaturverzeichnis

Götz-Vottele, K. & Hespers, S. (2021) Wissenschaftskommunikation und öffentliche
Meinungsbildung am Beispiel der Coronapandemie. In M. C. Bauer & L. Deinzer (Hrsg.) Zwischen Wahn und Wahrheit: Wie Verschwörungstheorien und
Fake News die Gesellschaft spalten. (S. 109-136). Berlin: Springer

Haas, J. G. (2021). Covid-19 and Psychology: People and Society in Times of Pandemic. Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34893-9

Jäggi, C. J. (2021). Die Corona-Pandemie und ihre Folgen: Ökonomische, gesellschaftliche und psychologische Auswirkungen. Wiesbaden: Springer

Nocun, K., & Lamberty, P. (2020). Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen. Köln: Quadriga.

Paganini, C. (2022). Wie viel Wahrheit braucht die Welt? Ein (medien)ethisches Fazit.
In S. Eleftheriadi-Zacharaki,, S. Hebing, G. Manstetten & S. Paganini (Hrsg.).
Kommunikations- und Medienethik: Vol. 17. Vom Umgang mit Fake News, Lüge
und Verschwörung: Interdisziplinäre Perspektiven. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-2007863

Skudlarek, J. (2021). Die „Plandemie“: Verschwörungserzählungen und Wahrheitsprobleme in der Coronapandemie. In M. C. Bauer & L. Deinzer (Hrsg.) Zwischen Wahn und Wahrheit: Wie Verschwörungstheorien und Fake News die
Gesellschaft spalten. (S. 137-158). Berlin: Springer

Taylor, S. (2020). Die Pandemie als psychologische Herausforderung. Ansätze für ein
psychosoziales Krisenmanagement. Gießen: Psychosozial-Verlag.

Bildquelle

the blowup (2020). Scamdemic graffiti on river board in Notting Hill,
London. Abgerufen am 05.02.2023. Verfügbar unter
https://unsplash.com/de/fotos/IY_6_WfTdTs

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