By Published On: 27. April 2023Categories: Psychologie

Eine Studie zu den Effekten von Achtsamkeitsmeditation bei College Studenten ergab, dass achtsamkeitsbasierte Interventionen die Ängste der Studenten signifikant reduzieren konnten (Bamber & Morpeth, 2019, S. 203-212). Viele weitere Studien zeigen ebenfalls die positive Wirkung von Meditation und Achtsamkeit auf Ängste und Stress (Hoge et al., 2013, S. 786). Doch wie hilft sie dabei Ängste zu lindern? In diesem Beitrag werden Faktoren aufgezeigt, mit denen Achtsamkeit die menschliche Psyche beeinflusst, um Ängsten entgegenzuwirken.

Achtsamkeit und Meditation

Bevor auf die Wirkweise von Achtsamkeit eingegangen wird, sollte erst geklärt werden, was unter dem Begriff verstanden wird. Achtsamkeit stammt aus der buddhistischen Tradition und wird als Fähigkeit des Geistes beschrieben zu verweilen, etwas im Gedächtnis zu behalten und mit der Aufmerksamkeit gegenwärtig zu sein. Im Zusammenhang mit psychologischen Anwendungsprogrammen wird die Achtsamkeit als das Gegenwärtig sein unseres Geistes, bei allem, was im Moment geschieht, verstanden. Empfindungen des Körpers, Bewegungen des Geistes oder Wahrnehmungen und Gefühle werden dabei nicht beurteilt. Ein Beispiel für solche Anwendungsprogramme ist das MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction)-Programm (Walach, 2022).

Um Achtsamkeit zu lernen, wird oft die Meditation als Übung genutzt. Meditation wird als mentales Training verstanden, in dem sich der Geist beruhigt und ein Zustand von losgelöster Beobachtung erreicht werden soll. Solche achtsamkeitsbasierten Trainings finden auch oft in der kognitiven Verhaltenstherapie und weiteren Therapien Anwendung (Saeed, Cunningham & Bloch, 2019, S. 624). Grundsätzlich funktioniert eine Meditation in Form von ruhigem Verweilen. Meist wird dabei die Aufmerksamkeit auf ein Objekt gerichtet, welches unabgelenkt erfahren werden soll (Malinowski, 2018, S. 21-22). Die folgende Abbildung zeigt diese Art von Mediation in Form eines Kreislaufes von Ablenkung und Fokus auf:

Abbildung 1: Meditation als Kreislauf (Malinowski, 2018, S. 22)

Wie Achtsamkeitsübungen Ängste beeinflussen

Ein wichtiger Effekt von Achtsamkeitsübungen ist das Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment. Durch die Konzentration auf den aktuellen Moment wird gelernt, dass Gedanken und Gefühle nur vorübergehende innere Erfahrungen sind. Bei Menschen mit sozialen Ängsten kann die Person sich beispielsweise in sozialen Situationen auf den aktuellen Moment konzentrieren und somit besser wahrnehmen, wie Menschen wirklich auf sie reagieren, anstatt sich darüber Sorgen zu machen, dass sie negativ beurteilt werden (Krafft, Butcher, Levin, & Twohig, 2020, S. 14). 

Eine weitere wichtige Komponente der Achtsamkeit, welche vor allem bei Ängsten helfen kann, ist das Erlernen der Emotionsregulation. Diese wird durch das Nicht-Bewerten von aktuell auftauchenden Gefühlen und Gedanken erlernt. Durch diese distanzierte Haltung nimmt der Meditierende seine eigenen inneren Prozesse und deren Verbindung zu körperlichen Empfindungen wahr. Daraus erfolgt oft auch nochmals die Erkenntnis, dass jede Wahrnehmungsgestallt die entsteht auch immer wieder vergeht, sie also flüchtig sind. Für Menschen mit Ängsten ist dies besonders fördernd, da sie durch das Erleben von Ängsten, ohne darauf zu reagieren eine schrittweise Desensibilisierung wahrnehmen. Durch die Konfrontation mit der Angst reagieren sie immer weniger sensibel auf sie. Dadurch kann Vermeidungsverhalten abtrainiert werden, da nun auch realisiert wird, dass nicht die katastrophalen Konsequenzen eintreffen, welche erwartet wurden (Ott, 2013, S. 108).

Auch das Erlernen von Selbstmitgefühl kann für den Umgang mit Angst wichtig sein. Mitgefühl war schon immer ein Teil des Achtsamkeitstrainings, da wir erst achtsam sein können, wenn unsere Wahrnehmung warm und gütig ist (Neff & Germer, 2020, S. 357). Dabei kann vor allem das Akzeptieren von inneren Zuständen, ohne sie zu bewerten selbst schon als Selbstmitgefühl angesehen werden. Durch diese Akzeptanz entsteht weniger Widerstand der negativen Emotion gegenüber und die Person ist besser in der Lage sich selbst zu beruhigen und trösten, ohne dass daraus eine Form von Resistenz gegen die negative Emotion entsteht (Neff & Dahm, 2015, S. 130).

Da auch Neff und Germer (2013) davon überzeugt waren, dass Achtsamkeit bedeutend für die Entwicklung von Selbstmitgefühl ist, entwickelten sie ein Training, in dem durch Achtsamkeitsübungen das Selbstmitgefühl gefördert werden soll. Sie erstellten eine Studie in dem die Auswirkungen des Trainings im Gegensatz zu einer Kontrollgruppe untersucht wurden . Die folgende Abbildung zeigt die prozentualen Unterschiede von der Zunahme von Selbstmitgefühl, Achtsamkeit, Mitgefühl und Lebenszufriedenheit im Gegensatz zu einer Kontrollgruppe.

Abbildung 2: Zunahme von positiven Symptomen durch Achtsamkeitstraining (Neff & Dahm, 2015, S. 129)

Die folgende Abbildung zeigt die Unterschiede in der Abnahme von Depressionen, Ängsten, Stress und emotionaler Vermeidung:

Abbildung 3: Abnahme von negativen Symptomen durch Achtsamkeitstraining (Neff & Dahm, 2015, S. 129)

Es zeigt sich eine ausgeprägtere Zunahme von positiven Symptomen, sowie eine ausgeprägtere Abnahme von negativen Symptomen im Gegensatz zur Kontrollgruppe.

Zuletzt soll hier noch kurz meine eigene Erfahrung mit Achtsamkeit und Ängsten angesprochen werden. Da ich selbst oft mit Ängsten zu kämpfen habe, versuche ich vor allem in stressigen Zeiten regelmäßig zu meditieren. Meditation hilft mir dabei die kreisenden Gedanken in meinem Kopf nur zu beobachten, ohne auf sie zu reagieren. Da ich mich in meiner Art von Meditation auf den Atem konzentriere, merke ich auch wie ich physisch entspannter werde und nach der Meditation das Gefühl habe wieder auf einen neutralen körperlichen Zustand zurückzukommen, mit dem ich entspannter mit den aktuellen Stressoren umgehen kann. Regelmäßiges Meditieren hat mir vor allem dabei geholfen wieder schneller im Moment zu sein, wenn meine Gedanken abschweifen wollen, da ich nun entscheiden kann, ob ich auf sie reagiere.

Fazit

Da das Konzept der Achtsamkeit meines Erachtens so ein großes Spektrum ist, sind dies nur Ausschnitte davon mit welchen Faktoren sie Ängste reduzieren kann. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass vor allem das Erlenen der Fähigkeit im aktuellen Moment leben zu können und das Nicht-Bewerten von inneren Zuständen einen großen Einfluss auf den Umgang mit Ängsten haben können. Daraus resultiert, dass sich weniger Sorgen gemacht wird, dass Emotionen akzeptiert werden, wie sie sind und somit auch Mitgefühl zu einem Selbst erlernt wird. Auch in Bezug zu meiner Erfahrung kann ich Meditation guten Gewissens für Ängste weiterempfehlen, da sie mir dabei hilft, mit meinen negativen Gedanken umzugehen.


Literaturverzeichnis

Bamber, M. D. & Morpeth, E. (2019). Effects of Mindfulness Meditation on College Student Anxiety: a Meta-Analysis. Mindfulness, 10(2), S. 203–214. https://doi.org/10.1007/s12671-018-0965-5

Hoge, E. A., Bui, E., Marques, L., Metcalf, C. A., Morris, L. K., Robinaugh, D. J., … & Simon, N. M. (2013). Randomized controlled trial of mindfulness meditation for generalized anxiety disorder: effects on anxiety and stress reactivity. The Journal of clinical psychiatry74(8), 16662. S. 786-792

Krafft, J., Butcher, G. M., Levin, M. E. & Twohig, M. P. (2020). Acceptance and Commitment Therapy. In I. Ivtzan (Hrsg.). Handbook of mindfulness-based programmes: Mindfulness interventions from education to health and therapy. (S. 7-17) New York: Routledge/Taylor & Francis Group.

Malinowski, P. (2018). Vielfalt Meditation: Ein Überblick über Meditations- und Achtsamkeitsübungen. Wiesbaden: Springer essentials. . https://ebookcentral.proquest.com/lib/kxp/detail.action?docID=5614201

Neff, K. D. & Dahm, K. A. (2015) Self Compassion: What It Is, What It Does, and Hw It Relates to Mindfulness. In B. D. Ostafin, M. D. Robinson & B. P. Meier (Hrsg.). Handbook of mindfulness and self-regulation (S. 121-140). New York: Springer.

Neff, K. D. & Germer, C. K. (2013). A pilot study and randomized controlled trial of the mindful self‐compassion program. Journal of clinical psychology69(1), S. 28-44.

Neff, K. & Germer C. (2020). Mindful Self-Compassion (MSC). In I. Ivtzan (Hrsg.). Handbook of mindfulness-based programmes: Mindfulness interventions from education to health and therapy. (S. 357-367) New York: Routledge/Taylor & Francis Group

Ott, U. (2013). Meditation als angewandte Neurowissenschaft. Paragrana, 22(2), S. 103–114. https://doi.org/10.1524/para.2013.22.2.103

Saeed, S. A., Cunningham, K., & Bloch, R. M. (2019). Depression and anxiety disorders: benefits of exercise, yoga, and meditation. American family physician99(10), S. 620-627.

Walach, H. (2022). Achtsamkeit. Abgerufen am 08. 03. 2023. Verfügbar unter https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/achtsamkeit

Bildquellen

Titelbild: Realworkhard (2013), gray rocks on body of water during daytime. Abgerufen am 20.02.2023. Verfügbar unter https://pixabay.com/photos/balance-stones-stack-110850/

Abbildung 1: Malinowski, P. (2018). Vielfalt Meditation: Ein Überblick über Meditations- und Achtsamkeitsübungen. Wiesbaden:Springer essentials. https://ebookcentral.proquest.com/lib/kxp/detail.action?docID=5614201

Abbildung 2: Neff, K. D. & Dahm, K. A. (2015) Self Compassion: What It Is, What It Does, and How It Relates to Mindfulness. In B. D. Ostafin, M. D. Robinson & B. P. Meier (Hrsg.). Handbook of mindfulness and self-regulation (S. 121-140).  New York: Springer.

Abbildung 3: Neff, K. D. & Dahm, K. A. (2015) Self Compassion: What It Is, What It Does, and How It Relates to Mindfulness. In B. D. Ostafin, M. D. Robinson & B. P. Meier (Hrsg.). Handbook of mindfulness and self-regulation (S. 121-140).  New York: Springer.

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