By Published On: 12. Juni 2025Categories: Psychologie

Pornografie ist heutzutage für jede*n sehr einfach zugänglich und es finden sich nahezu unendliche Angebote, wovon ein Großteil kostenlos ist. Das Internet bietet Anonymität und zu jeder Uhrzeit, von jedem Ort, Zugang (Hinz, 2021, S. 235). Es stellt sich die Frage, welche psychologische und gesundheitliche Wirkung Pornografie auf uns hat, welche Vor- und Nachteile der Konsum bietet und ob ein gesunder Umgang damit möglich ist.

Was ist Pornografie?

Eine offizielle und zufriedenstellende Definition von „Pornografie“ existiert nicht. Der Bundesgerichtshof definiert Pornografie als eine Darstellung sexueller Handlungen, diese können real oder fiktiv sein und zielen auf grob aufdringliche, anreißerische Weise ausschließlich auf das lüsterne Interesse des Betrachters ab (Gesetzestext § 184 StGB, Bayrisches Kriminalamt, 2024). Wenn man das alleinige Auslösen eines sexuellen Reizes betrachtet, könnte man einen großen Teil der Bildenden Kunst und Literatur als Pornografie einstufen. Pornografie findet in vielen verschiedenen Ausführungen statt und war unter Anderem schon in der ägyptischen, griechischen, sowie römischen Antike vertreten (Hinz, 2021, S. 233).

Das Angebot an Pornografie hängt mit dem Erfolg von verschiedenen Medien zusammen. Ob Steinritzungen, Gemälde, Buchdruck, Fotografie, Videokassetten, Fernsehen oder Internet, jedes neue Medium wurde auch direkt immer für Pornografie verwendet. Heutzutage denken die meisten an das Internet, wenn es um „Pornografie“ geht (Hinz, 2021, S. 235). Auch in diesem Artikel wird sich vor allem auf Internetpornografie bezogen.

Wirkung von Pornografie

Forschungsmethodische Probleme erschweren die empirische Ausarbeitung zur Wirkung von Pornografie. Die meisten Studien, um die Wirkung von Pornografie zu untersuchen sind Korrelationsstudien, welche keine kausalen Schlussfolgerungen zulassen. Studien, welche Kausalzusammenhänge untersuchen, sind meistens experimentell und ohne Langzeitmessungen. Die Ökologische Validität ist ebenfalls nicht gegeben, da der Pornokonsum, welcher in einem Labor stattfindet, nicht mit dem Pornokonsum im Privaten verglichen werden kann. Bei Selbstauskünften von Pornokonsument*innen sind die Angaben oft verfälscht, da durch das Angeben von vielen negativen Wirkungen eine kognitive Dissonanz auftreten würde (Hinz, 2021, S.240). In diesem Artikel wird nicht auf die ethischen Aspekte der Pornografie eingegangen, sondern lediglich auf die Wirkung auf Konsument*innen.

Negative Wirkung von Pornografie

Eine negative Wirkung von Pornografie ist die potenzielle Schädigung des Gehirns. Durch eine Untersuchung wurde ein Zusammenhang zwischen einem hohen Konsum an Pornografie und einem kleineren Volumen der im rechten Nucleus caudatus liegenden grauen Gehirnsubstanz festgestellt. Dieses Areal gehört zum Belohnungssystem und zeigte weniger Aktivität bei häufigem Konsumieren. Dies könnte auf einen Gewöhnungseffekt hindeuten. Eine andere Studie kam zu dem Entschluss, dass bei Pornovielsehern in der Amygdala, im Striatum und in der Substania nigra die Aktivität bei kurzen Pornos steigt, jedoch bei nur erotischen Videos sinkt im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Genaue Beweise für potenzielle Gehirnveränderungen gibt es nicht, jedoch kann das mögliche Risiko dafür, vor allem für noch nicht fertig entwickelte Gehirne von Jugendlichen  problematisch sein (Hinz, 2021, S.241). Oft wird davon ausgegangen, dass das Konsumieren von Pornos zu einer sexuellen Abstumpfung und dem Verlust an Lust führt. In einer Studie wurde jedoch das Gegenteil bewiesen und tatsächlich eine stärkere Erregung und Ausprägung an Lust bei Pornovielsehern beim Sehen von Pornos beobachtet. Wird eine Aktivität, unabhängig davon welche, exzessiv ausgelebt, kann dies zu Gehirnveränderungen führen. Lange stand die Pornografie-Sucht in der Diskussion und alle die angaben, süchtig zu sein, hatten sich selbst diagnostiziert. Die neue ICD-11-Klassifikation wird in Zukunft die Pornografie-Nutzungsstörung unter „sonstige Störungen durch Verhaltenssüchte“ als potenzielle Verhaltenssucht anerkennen und aufnehmen (Hinz, 2021, S.242; Lindenberg & Sonnenschein, 2024). Zum Teil erinnert die Debatte über die negativen Folgen der Pornografie an die alte aus dem 18. Jahrhundert stammende Debatte darüber, dass Selbstbefriedigung schädlich sei. Die extreme Sicht durch fragwürdige medizinische Meinungen, religiöse Argumentationen, individuelle Fallbeschreibungen und die Antipornbewegung (NoFap-Bewegung) sieht das nicht gelingende Beenden des Pornokonsums als ein Symptom der Pornosucht. Im Hinblick darauf wird jedoch vermutet, dass in vielen Fällen der Kampf gegen diese sogenannte „Pornosucht“ ebenso schädigend ist, wie der Kampf gegen die Selbstbefriedigung. Der von Wilhelm Stekel angesprochene Nocebo-Effekt meint, dass die von Kritikern geschaffene Angst vor Folgen durch den Konsum von Pornografie krank macht und nicht die Pornografie selbst. Ein weiteres Argument für die negative Wirkung ist der vermeintliche Zusammenhang von Pornokonsum und Fremdgehen in der Ehe sowie die Objektifizierung von Frauen. Zu beidem gibt es jedoch keine Studien, die dies belegen können, da es sich in beiden Fällen um Korrelationsstudien handelt. In einer 2017 durchgeführten Studie nannten befragte Paare kaum negative Auswirkungen durch den Konsum von Pornografie. Die jedoch am häufigsten genannten Effekte waren ein kleines sexuelles Selbstbewusstsein, niedrigeres Interesse an Sex mit dem*der Partner*in und unrealistische Ansprüche an Leistung und Schönheitsideale (Hinz, 2021, S.243f.).

Positive Wirkung von Pornografie

Pornografie kann zur Aufklärung dienen, um eingeschränkte Sichtweisen zu erweitern, sich beim Ausüben neuer Praktiken sicherer zu fühlen, sich und seine eignen sexuellen Neigungen und Orientierung besser zu verstehen und seine natürliche Neugierde zu stillen. Außerdem kann Pornografie Sichtbarkeit schaffen für sexuelle Minoritäten. Sie kann ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Kommunikation über Vorlieben und Abneigungen haben. Wenn Pornos zur Selbstbefriedigung eingesetzt werden und diese als angenehme Aktivität wahrgenommen wird, kann dies auch als eine positive Wirkung gesehen werden. Ebenso die damit einhergehende Lernerfahrung, den eigenen Körper verstehen (Hinz, 2021, S. 244f.) Außerdem haben Studien gezeigt, dass ein Zurückgehen an Sexualstraftaten in Staaten beobachtet werden konnte, in denen sich die Pornografie zugenommen hatte. Die Theorie dahinter ist, dass mögliche Sexualstraftäter Pornografie dafür nutzen können, sich leichter abzuregen und gar nicht erst straffällig werden. Jedoch handelt es sich hierbei ebenso wieder um eine Korrelationsstudie und es folglich nicht möglich damit kausale Zusammenhänge beweisen zu können (Hinz, 2021, S. 244f.).

Fazit

Die Pornografie hat negative, positive, sowie neutrale Wirkungen, wobei die wissenschaftlichen Untersuchungen dazu umstritten und methodisch schwer belegbar sind. Potenzielle negative Wirkungen sind die Gewöhnung, Suchtzustände und Selbstzweifel im Bezug auf Schönheitsideale oder Leistungsdruck. Mögliche positive Wirkungen sind die sexuelle Aufklärung, Selbstfindung und Wissensvermittlung. Es kann angenommen werden, dass Pornografie das Sexualverhalten über das Modelllernen beeinflusst (Hinz, 2021, S. 245). Der individuelle Umgang mit Pornografie beeinflusst also wie die Wirkung ausfällt. Ein reflektierter, altersgerechter, gesunder Umgang ist also möglich. Hierfür ist aber zusätzlich noch weitere Forschung notwendig, damit die Risiken und (positiven und negativen) Wirkungen noch besser verstanden werden können.

Literaturverzeichnis

Bayrisches Kriminalamt (2024). Pornografie. Abgerufen am 13.05.2025 auf https://www.polizei.bayern.de/kriminalitaet/internetkriminalitaet/straftaten-im-netz/002400/index.html

Gesetzestext § 184 StGB

Hinz, A. (2021). In: Psychologie der Sexualität, 1. Auflage, Weinheim Basel

Lindenberg, K.; Sonnenschein, R. (2024). Verhaltenssüchte als neue ICD-11-Diagnosen. Aufgerufen am 13.05.2025 auf file:///C:/Users/rose0/Downloads/s00278-024-00716-7.pdf

Stekel, W. (1912). In: Wiener Psychoanalytischer Verein (Hrsg.), Onanie. Vierzehn Beiträge zu einer Diskussion der „Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“. J. F. Bergmann

Titelbildquelle:

Titelbild von charlesdeluvio veröffentlicht am 10. Juli 2018 auf https://unsplash.com/de/fotos/schwarzes-android-smartphone-auf-grauem-bettlaken-Wsk3dxGJphc

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