By Published On: 4. September 2018Categories: Psychologie, Wirtschaft

Konflikte können in einem Unternehmen überall da entstehen, wo Menschen mit unterschiedlichen Auffassungen und Vorstellungen zusammenarbeiten. In diesem Beitrag werden die Arten der Konflikte und geeignete Massnahmen zur Konfliktbewältigung in der Praxis beleuchtet.

Konflikte am Arbeitsplatz können verschiedene Ursachen aufweisen. Die einzelnen Mitarbeiter verfolgen oftmals individuelle Ziele und verfügen über ein unterschiedliches Wertebild. Weiteres Konfliktpotenzial bieten die mannigfachen Moralvorstellungen, Bedürfnisse und Meinungen jedes Einzelnen. So gesehen ist ein konfliktfreies Leben am Arbeitsplatz ein Ding der Unmöglichkeit und wir müssen uns damit abfinden, dass Konflikte nun mal zu unserem Alltag gehören. Dennoch ist nicht jede Art der Auseinandersetzung auch ein Konflikt. Jener liegt dann vor, wenn Ziele und Anliegen verschiedener Personen oder zwischen den sozialen Einheiten nicht miteinander vereinbar sind [1]. Aufgrund dieser Unvereinbarkeit fühlt sich eine Konfliktpartei bedroht oder beeinträchtigt und die beiden Konfliktparteien sind nicht bereit, ihren Standpunkt so zu verändern, dass die erlebte Beeinträchtigung oder Bedrohung verschwindet.

Im Arbeitsumfeld können Konflikte eine grosse Störung des Geschäftsalltags bedeuten. Sie belasten, stören und verängstigen viele Menschen. Dabei ist das Problem oftmals nicht der Konflikt an sich, sondern die Unfähigkeit mit Konflikten umzugehen und diese zu regeln. Die Energie, welche in einem Konflikt liegt, kann genauso gut einen Impuls für Innovation oder Erneuerung darstellen. Somit bietet ein Konflikt auch die Chance zur internen Weiterentwicklung [2].

Arten von Konflikten

Konflikte können in unterschiedlichen Formen auftreten, wobei für jedes Erscheinungsbild eine entsprechende Behandlungsmethode vorgeschlagen wird. Bei einem kalten oder latenten Konflikt handelt es sich um einen schwellenden, noch nicht ausgebrochenen Konflikt, der oftmals als Ruhe vor dem Sturm bezeichnet wird. Hierbei werden Frust und Hassgefühle unterdrückt, die dann destruktiv weiterwirken. Zusätzlich wird eine gezielte Auseinandersetzung vermieden. Als Behandlungsansatz sollten bei einem kalten Konflikt die beiden Parteien jeweils separat vorbehandelt werden, um dann später in eine offene Diskussion übergehen zu können. Ein heisser Konflikt ist im Gegensatz dazu ein heftiger und sehr emotional ausgetragener, offener Konflikt. Dabei wird eine Konfrontation als unumgänglich angesehen. Diese heissen Konflikte verlangen ein zeitnahes, offenes und direktes Vorgehen, wobei kommunikative und instrumentelle Hilfsmittel hinzugezogen werden können. Heisse und kalte Konflikte werden im Unternehmensalltag am häufigsten angetroffen. Dennoch gibt es noch weitere Konfliktarten, die zu berücksichtigen sind.

Ein chronifizierter Konflikt breitet sich über längere Zeit in der Organisation aus und wirkt lähmend auf den Geschäftsalltag. Solche Konflikte sind nicht sofort lösbar und benötigen oftmals systemverändernde Massnahmen, beispielsweise eine Restrukturierung der Organisation an sich. Ein struktureller Konflikt wird hingegen durch vorhandene Strukturen bestimmt. Diese werden über die Zeit immer wieder reproduziert. Im Hinblick auf ein Unternehmen können das etwa Instituts- oder Abteilungskriege sein. Als Einzelner sind solche strukturellen Konflikte kaum zu lösen. Hierbei ist es wichtig, mikropolitische Spielregeln zu beachten [3].

Massnahmen der Konfliktbewältigung

Gezieltes Vorbeugen

Oftmals ist gezieltes Vorbeugen die beste Form des Konfliktmanagements. Auch wenn es manchmal schwerfällt, die Dinge beim Namen zu nennen, wird geraten, Stimmungen und Beobachtungen möglichst gezielt und entschlossen anzusprechen. Eine besondere Rolle nimmt hierbei der Vorgesetzte ein, der die Kommunikationskultur im Unternehmen so positiv und nachhaltig beeinflussen kann. Ein gutes Gespräch kann in einem solchen Fall schon viel bewirken. Dabei ist es wichtig, dass eine Gesprächsatmosphäre geschaffen wird, die Raum zum persönlichen Austausch lässt. Damit ist gemeint, dass die Wünsche, Anliegen, aber auch Befürchtungen aller Mitarbeitenden geäussert und gehört werden dürfen. Eine Möglichkeit dazu stellen regelmässige Mitarbeitergespräche dar. Hierbei erhalten Mitarbeiter und Vorgesetzte gleichermassen die Möglichkeit mitzuteilen, was sie bewegt, motiviert, oder was zu verbessern ist. Daneben verhelfen zum erfolgreichen Austausch auch Workshops über Themen, die sonst im Arbeitsalltag eher untergehen, eine offene Kommunikationskultur zu fördern [4].

Suchen von Lösungen

Ist ein Konflikt bereits ausgebrochen, ist ein Vorbeugen nicht mehr möglich. Um in solchen Situationen eine Lösung zu finden, gibt es unterschiedliche Ansätze. In diesem Fall möchte ich das Vorgehen nach dem Harvard-Modell von Fisher et al. (2002)[5] genauer erläutern.

Das Harvard-Konzept stellt einen bewährten Ansatz zur Konfliktlösung dar. Hierbei wird mit einer 4-Quaddranten-Analyse nach Roger Fisher gearbeitet, deren Felder nacheinander unter Moderation bearbeitet werden sollen.

Der erste Quadrant befasst sich mit dem Stand der Dinge. Alle beteiligten Konfliktparteien tragen zunächst möglichst viele Symptome zusammen. Das Ziel ist dabei, ein möglichst klares Bild aller Auswirkungen des Konflikts zu bekommen. An diesem Austausch ist nicht nur der Moderator, sondern alle Parteien gleichermassen beteiligt. Dabei soll eine erste Möglichkeit zum Perspektivenwechsel entstehen.

Der zweite Quadrant beschäftigt sich mit der Frage, wo der Konflikt liegt und stellt damit die Stufe der Ursachensuche dar. Hier sollen die Beteiligten zum Beispiel durch Fragen ihre Standpunkte wechseln können. Bei der Frage, warum die Beteiligten ihren Streit nicht beilegen wollen, sollten auch die Rahmenbedingungen und das Umfeld berücksichtigt werden.

Im dritten Quadrant soll das weitere Vorgehen festgelegt werden. Dazu erarbeitet der Diskussionsleiter gemeinsam mit beiden Parteien eine möglichst grosse Zahl an Lösungsansätzen. In diesem Prozess können auch Kreativitätstechniken wie Brainstorming eingesetzt werden. Auf der anderen Seite sollten auch Varianten dargestellt werden, die auf keinen Fall eine Lösung darstellen. Alle hervorgebrachten Möglichkeiten sollten unbedingt schriftlich festgehalten werden, um spätere Unklarheiten zu vermeiden.

Abb 1: Die vier Quadranten nach der Harvard-Methode Quelle:SpringerLink

Im letzten Quadrant geht es um die Umsetzung. Um möglichst alle Beteiligten miteinzubeziehen, sollten für die Lösungsansätze konkrete Handlungspläne erstellt werden. In der Regel hat eine Konfliktlösung immer für beide Parteien Kosten und Nutzen. Um Folgekonflikte zu vermeiden, sollten diese vom Diskussionsleiter möglichst früh hervorgehoben werden [6].

Durch die Analyse sind nun mehrere Handlungsalternativen entstanden, aus denen die Konfliktparteien nun eine ergreifen können. Um eine sinnvolle Lösung zu finden, müssen die Betroffenen die jeweiligen Varianten bewerten. Nützliche Kriterien dafür sind: Kosten der Lösung, Zufriedenheit mit der Lösung, Auswirkungen auf die Zukunft oder Dritte und die Auswirkung auf die Beziehung der Konfliktparteien. Dabei wird deutlich, dass sich die beiden Konfliktparteien einander annähern müssen.

Der Prozess endet mit einer Lösung für den bestehenden Konflikt. Im Optimalfall einigen sich die Konfliktparteien selbst auf eine der vorgeschlagenen Varianten. Gelingt dies nicht, ist der Teamleiter gefragt, der bereits zu Beginn dieser Phase deutlich gemacht hat, dass im Ernstfall er eine Entscheidung trifft und diese auch durchsetzt. Welche Variante die Konfliktparteien umsetzen möchten, sollte ebenfalls schriftlich festgehalten werden. Ferner ist es wichtig, dass in der schriftlichen Vereinbarung, welche die Wahl der Lösungsvariante aufführt, konkret festgehalten wird, wer bis wann was zu tun hat, um die festgelegten Ziele zu erreichen.

Fussnoten:
[1] Orth, 2017, S.165
[2] Proschk, 2014, S.2
[3] Selter, 2004, S.4
[4] Jiranek, 2017, S.76-77
[5] Fisher et al., 2002
[6] Kals, 2008

Literaturquellen:

Jiranek, H. (2017). Konfliktmanagement. Freiburg: Haufe.

Kals, E. (2008). Wirtschaftsmediation. Hogerfe: Göttingen.

Orth, H. (2017). Sozialpsychologie. Riedlingen: SRH Fernhochschule.

Proschk, S. (2014). Konfliktmanagement im Unternehmen. Springer.

Selter, J. (2004). Konflikte in der Hochschule: vorbeugen und kompetent bearbeiten. Berlin: Trainingsgemeinschaft.

Bilderquellen:

Abb. 1: Darstellung der vier Quadranten, verfügbar unter: https://www.google.ch/search?q=harvard+modell+der+konfliktl%C3%B6sung&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwjDzZPIuN3cAhVSaVAKHbpiCJoQ_AUICigB&biw=1600&bih=794#imgrc=SvVyVm9nPoloTM:

Beitragsbild: pixabay, verfügbar unter: https://pixabay.com/de/photos/?q=argument&hp=&image_type=all&order=popular&cat=&min_width=&min_height=

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