By Published On: 5. August 2017Categories: Gesundheit, Psychologie

Haben sie auch diesen einen Kollegen, den einfach nichts aus der Bahn zu werfen scheint? Sämtliche neue Herausforderungen bearbeitet dieser als wäre es sein normaler Alltag. Fehler oder hohe Arbeitsanforderungen scheinen ihm nicht zuzusetzen. Sie selbst dagegen kommen schnell in Stress, haben unruhige Nächte und wissen manchmal nicht, wo ihnen der Kopf steht. Begleiterscheinungen dieses Zustands wie Schlafmangel und ihre andauernde innere Unruhe hängen ihnen lange nach. Thematisiert wird dieses Stressempfinden von ihnen aber natürlich nicht. Dies könnte sich ja immerhin zu einem möglichen Triumph für ihren „Superkollegen“ entwickeln. Unter uns gesprochen – es gibt sicher die Momente, in welchen sie ihren Kollegen für seine Fähigkeiten nicht gerade mögen. Die Aussage „er lasse sich eben einfach nicht stressen“ wird ihre Laune da nicht gerade verbessern. Was hat dieser Kollege an sich, was ihnen scheinbar zu fehlen scheint? Die Antwort ist einfach: Stressresilienz.

Der Ursprung der Resilienz

Der Begriff Resilienz wurde ursprünglich im Bereich der Physik genutzt. Damit wurde die Fähigkeit eines Werksstoffes, sich verformen zu lassen und danach wieder in die ursprüngliche Form zurück zu kehren, bezeichnet. Resilienz beschreibt damit die Toleranz eines Systems gegenüber sämtlichen Störungen. Im Bereich der Psychologie wird damit die Fähigkeit von Menschen, sich trotz widrigster Umstände erneut aufzurichten und erholen zu können, beschrieben.[1] Stressresiliente Menschen können demnach mit Stresssituationen so umgehen, dass sie trotz jenen belastenden Phasen wieder in ihre ursprüngliche psychische und physische Verfassung zurück finden – sie erlangen ihre Ruhe und Gelassenheit zurück und können sich vom Zustand der Überarbeitung erholen. Resilienz wirkt hier wie ein Immunsystem der Seele und Psyche. Man wird zum „Stehaufmännchen“. Resilienz ist jedoch kein fixer Zustand, sondern ein lebenslanger Lernprozess. Je nach Situation und Lebensphase kann sie verschieden ausgeprägt sein.[2] Daher ist es wichtig zu verstehen, wie sich verschiedene Stresssituationen voneinander unterscheiden.

Stressempfinden ist subjektiv

Stress beschreibt das Gefühl sich einer Situation ausgeliefert zu fühlen, von der man annimmt sie nicht selbst beeinflussen zu können. [3] Ob wir im Stress sind oder nicht hängt also ganz von unserer eigenen Wahrnehmung und Bewertung sowie unseren vorhandenen Einstellungen (bspw. Perfektionismus) ab. Jede Person reagiert demnach auf gewisse Situationen oder Zustände (sogenannte Stressoren) anders.[4] Doch wie entsteht Stress eigentlich? Nach Lazarus basiert eine mögliche Stressreaktion auf drei subjektiven Bewertungsstufen: in der primären Bewertung erfolgt die Analyse des wahrgenommenen Stressors unter dem Aspekt, ob dieser gefählich, positiv oder irrelevant ist. Ob die Situation mit den eigens zur Verfügung stehenden Ressourcen bewältigt werden kann wird anschließend in der sekundären Bewertung hinterfragt. In dieser Bewertungsphase entscheidet sich, ob man sich gestresst fühlt oder nicht. Insofern das Gefühl der Handlungsunfähigkeit auftritt – die eigenen Ressourcen also nicht als ausreichend eingeschätzt werden – kommt es zu einer Stressreaktion. Nun müssen Bewältigungsstrategien entworfen werden, um die Kontrolle über die Situation widerzuerlangen. Die dritte Phase entspricht demnach der Bewältigungsstrategie der Neubewertung. Wenn es gelingt, Lösungen zu finden und umzusetzen beruhigt sich der Organismus, die Stressreaktion entspannt sich. Man hat nun gelernt mit der Situation/ dem Stressor umzugehen und diesen damit neu bewertet. Wenn dies jedoch nicht gelingt, wird das Stressempfinden weiter bestehen und sich im schlimmsten Falle chronifizieren. [5]

Um weniger Stressempfindungen ausgesetzt zu sein, muss also entweder die sekundäre Bewertung hinsichtlich der eigenen wahrgenommenen Ressourcen gestärkt oder die Neubewertung aktiv gestaltet werden. In diesen Bewertungsphasen greift die Resilienz positiv ein.

Ist Resilienz erlernbar?

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass (neuro)biologische, psychische und soziale Ressourcen Schutzfaktoren darstellen, die dazu beitragen, die Entwicklung einer stressbedingten Erkrankung durch andauerndes Stressempfinden zu verhindern, indem sie den Anpassungsprozess an einen wahrgenommenen Stressor positiv beeinflussen und somit die menschliche Widerstandsfähigkeit erhöhen.[6] Diese Schutzfaktoren sind teilweise genetisch veranlagt, können zum Teil aber durchaus erlernt und gefördert werden.[7] Wichtige Resilienzfaktoren die erlernt beziehungsweise angepasst werden können stellen beispielsweise Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Selbstverantwortung, persönliche Beziehungen, Freude an der Zukunftsgestaltung und das Improvisationsvermögen dar. [8]

Stärken sie also ihr Selbstbewusstsein und lernen sie, an ihre eigenen Fähigkeiten zu glauben. Rufen sie sich vergangene Erfolge und Zielerreichungen ins Gedächtnis, auf welchen sie ihr Selbstbild bauen und stärken können. [9] Positive Emotionen erweitern das Gedanken- und Handlungsspektrum, man entwickelt mehr Ausdauer, Leistungsfähigkeit und Energie mit der Folge gesteigerter Kreativität und Belastungsfähigkeit. [10] Seien sie optimistisch und trauen sie sich selbst etwas zu. Sie selbst haben mehr in der Hand, als sie tatsächlich denken. Seien sie neuen Situationen gegenüber nicht gleich voreingenommen, sondern offen und sehen sie diese als Chance an. Lernen sie aber auch, ihre Leistungsgrenzen zu akzeptieren und die dementsprechenden Rahmenbedingungen realistisch einschätzen zu können. Akzeptieren sie sich selbst mit allen Schwächen und Stärken, hören sie mit sämtlicher Selbstkritik wie „hätte ich doch nur..“ auf. Man muss nicht immer mehr machen, besser oder stärker sein – man darf unperfekt sein.[11] Wir alle sind nur Menschen und keiner kann alles; haben sie kein Problem damit, sich dies einzugestehen. Zeigen sie stattdessen die Bereitschaft und Offenheit, bestehende Probleme offen anzusprechen und anschließend – wenn nötig mit Hilfestellung – lösungsorientiert vorzugehen. Zeigen sie hierbei Eigeninitiative und achten sie darauf, selbst Verantwortung übernehmen zu können. Es ist innerhalb dieses Prozesses äußerst wichtig, dass sie ihre eigenen Fähigkeiten in neuartigen Situationen einbringen und diese erweitern können, eventuell auch über Fehlentscheidungen. [12] Denn auch – oder teilweise sogar vor allem – aus Fehlern entwickelt man sich weiter, wenn man anschließend seine Gewohnheiten und Einstellungen hinterfragt und gegebenenfalls modifiziert.[13] Des Weiteren haben auch ihre persönlichen Beziehungen einen wichtigen Einfluss auf ihre Resilienz. Je größer ihr Netzwerk aus Bekanntschaften und Freunden ist, desto größer ist die Anzahl der Personen, welche sie um Hilfe bitten können. Man muss nicht immer alles wissen, teilweise genügt es, zu wissen, wer weiterhelfen kann. Vergessen sie während dieser Prozesse aber nicht, sich selbst Regenerationszeiten zu zugestehen. Anpassungen und Veränderungen brauchen ihre Zeit, erwarten sie nicht zu Beginn schon die große Kehrtwendung. Formulieren sie sich stattdessen ihre eigenen Visionen und Ziele, an welchen sie ihre Ergebnisse messen sowie ihre Motivation fördern können. [14]

Und falls sie sich doch in einer Stressreaktion wiederfinden, versuchen sie den sogenannten „Hampelmann“. Springen sie auf der Stelle nach oben und klatschen dabei über ihrem Kopf ihre Hände zusammen. Stress lässt sich gut über Bewegung abbauen, der Hampelmann wird sie zudem zum Lachen bringen, was wiederum gute Laune und positive Emotionen hervorruft.[15]

 

Quellenverzeichnis

[1] Vgl. Amann, E. G.: 2015, S.8

[2] Vgl. Amann, E. G.: 2015, S.6

[3] Vgl. Kirch, D.: 2010,  S. 13

[4] Vgl. Strobel, I.: 2015, S. 22

[5] Vgl. Strobel, I.: 2015, S. 22

[6] Vgl. Deutsches Resilienz-Zentrum Mainz (15.05.2017), https://www.drz.uni-mainz.de

[7] Vgl. Amann, E. G.: 2015, S.8

[8] Vgl. Amann, E. G./ Alkenbrecher, F.: 2015, S. 23

[9] Vgl. Amann, E. G.: 2015, S. 18f

[10] Vgl. Heller, J.: 2013, S. 50f

[11] Vgl. Heller, J.: 2013, S. 37

[12] Vgl. Amann, E. G.: 2015, S.18f

[13] Vgl. Amann, E. G.: 2015, S.7

[14] Vgl. Amann, E. G.: 2015, S.18f

[15] Vgl. Heller, J.: 2013, S. 33

 

Abbildungsverzeichnis

Beitragsbild: https://pixabay.com/de/ortsschild-ortstafel-erfolg-stress-1148092/

https://pixabay.com/de/stress-geschäftsleute-geschäftsmann-2051408/

 

Literatur

Amann, E. G.: Resilienz. 2. Auflage. Haufe. 2015

Amann, E. G./ Alkenbrecher, F.: Das Sowohl-als-auch Prinzip. Resilienz: Mit Sicherheit stark durch die Krise. 1 Auflage. Pro Business. 2015

Heller, J.: Resilienz. 7 Schlüssel für mehr innere Stärke. 1. Auflage. Gräfe und Unzer Verlag. München. 2013.

Kirch, D.: Der Stress-Coach. Die 54 wichtigsten Fragen an den Stress-Coach. Junfermann. 2010.

Strobel, I.: Stressbewältigung und Burnout-Prävention. Einzelberatung und Leitfaden für Seminare. Haug Verlag. 2015

 

Internetquellen

Deutsches Resilienz-Zentrum Mainz

URL (15.05.2017):

https://www.drz.uni-mainz.de/resilienz-ambulanz/

 

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