By Published On: 20. Dezember 2016Categories: Psychologie, Wirtschaft
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Abbildung 1: schaufenster-mit-verkaufsforderung_1098-253.jpg

Kommt Ihnen das bekannt vor? Sie schreiben sich einen Einkaufszettel, um später im Supermarkt nichts zu vergessen. Sie gehen einkaufen, fahren anschließend nach Hause und stellen fest, dass Sie viel mehr Produkte gekauft haben, als Sie eigentlich geplant hatten. Doch woran liegt das? Sie sind doch schließlich Herr über Ihre Sinne und darüber was Sie kaufen.

Um ein besseres Verständnis bezüglich dieses Phänomens zu erhalten, müssen wir uns das Entscheidungsverhalten der Menschen genauer ansehen und wie dieses gezielt manipuliert wird.

Entscheidungsheuristiken

 

Menschen sind dazu bestrebt, je nach Ausgangslage und dem Zweck der Entscheidung, ein optimales Verhältnis zwischen dem Aufwand des Denkprozesses und der Qualität der Entscheidung zu finden. Beim Kauf eines Produktes werden simple Regeln angewandt, die wie ein Filter wirken. Aus der gesamten Informationspalette werden so nur relevante Kriterien herausgefiltert. Diese Filter werden als Entscheidungsheuristiken bezeichnet. Kaufentscheidungen lassen sich dadurch enorm vereinfachen. [1]

Zu den wichtigsten Entscheidungsheuristiken zählen die Verfügbarkeitsheuristik, die Rekognitionsheuristik, die Repräsentativitätsheuristik und die mentale Kontoführung.

Bei der Verfügbarkeitsheuristik kommt es vor allem darauf an, wie gut bestimmte Informationen vorhanden sind. Die Relevanz der Informationen ist hier zweitrangig, auch wenn höherrangige Kriterien existent sind. Es werden nur Informationen verwendet, die besonders leicht zugänglich sind und keinen hohen kognitiven Aufwand erfordern. [2]

Alleine der Fakt, dass uns bestimmte Informationen schneller und leichter einfallen wie andere, wird selbst als Kriterium gewertet und unserem Entscheidungsprozess hinzugefügt. [3]

Die Rekognitionsheuristik konzentriert sich auf den Wiedererkennungswert eines Produktes. Käufer entscheiden sich vorrangig für ein Produkt, das Sie bereits kennen. Unbekannte Dinge werden häufig sogar in Ihrer Qualität schlechter bewertet als Produkte, die bereits schon einmal gekauft worden sind oder wieder erkannt werden. [4]

Die Repräsentativitätsheuristik beruht auf dem Grundsatz, wie ähnlich ein Objekt zu seiner entsprechenden Kategorie ist. Also ein Bestandteil des Objektes repräsentiert eine bestimmte Kategorie. Ein verrostetes Auto muss demnach auch andere Mängel aufweisen, wie Elektronikschäden oder defekte Zündkerzen.

Zuletzt gibt es den Gedanken der mentalen Konten. Alle Aufwendungen werden bestimmten mentalen Konten zugeordnet. Diese Konten können beispielsweise Fitness, Gesundheit und Arbeit sein. Die Belastung der einzelnen Konten beeinflusst somit die Kaufentscheidung, je nach dem unter welche Kategorie das jeweilige Produkt fällt. [5]

Besonders perfektionistische Menschen sollten Entscheidungsheuristiken verwenden. Solche Individuen, auch „Maximizer“ genannt, versuchen möglichst viele Informationen und Produkte in Ihre Entscheidungskriterien mit einfließen zu lassen. Dies ist aber anhand der vielfältigen und großen Auswahl an Produkten so gut wie unmöglich und führt somit zwangsweise zu Problemen. Diese können sich in Form von Frustration oder Reue zeigen. [6]

Grundlagen der Manipulation

 

Menschen unterliegen in ihrem Unterbewusstsein vielen psychologischen Faktoren, welche unsere Entscheidungen beeinflussen. Es gibt zudem bestimmte Prinzipien, nach denen wir zum größten Teil handeln. Hierzu gehören das Reziprozitätsprinzip, welches auch als Prinzip der Gegenseitigkeit genannt wird, das Prinzip der sozialen Bewährtheit (Social Proof), das Prinzip der Verlustaversion, das Prinzip der Knappheit und der Decoy-Effekt. Doch genau hier liegt der Grundstein für gezielte und vorausschauende Manipulation. [7]

Gefühle, Assoziationen und Erfahrungen tragen effektiv dazu bei, welche Kaufentscheidungen wir treffen. Experten machen sich dieses Wissen zu nutze und möchten gezielt bestimmte Emotionen der Käufer hervorrufen. Dies geschieht am besten durch die Aktivierung des limbischen Systems. [8]

Nicht umsonst sind die Wahl des Bodens, verschiedene Gerüche, die Musikauswahl oder die Farbe der Preisschilder keinesfalls willkürlich. Jede Strategie zielt darauf ab den Konsum zu erhöhen. Vor allem da circa 66,6 % der Kaufentscheidungen spontan vor Ort getroffen werden, kommt dem Einsatz von Marketingstrategien eine bedeutende Rolle zu. [9]

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Abbildung 2: hand-gezeichnet-jahrgang- sommer-verkauf-etiketten_23-2147560715.jpg

Einige Beispiele aus dem Alltag, mit denen jeder von uns schon einmal zu tun hatte, sollen verdeutlichen, in welchem Umfang wir unbewusst gelenkt und beeinflusst werden.

Reduzierte Preise werden häufig in einer auffälligen Farbe oder in einer anderen Form abgedruckt, welche unsere Aufmerksamkeit erregen soll. In unseren Köpfen hat sich dadurch ein besonders niedriger Preis manifestiert. Dass jedoch möglicherweise trotzdem der Normalpreis abgedruckt ist, fällt automatisch aus unserem Überlegungsspektrum heraus. Ein Vergleich mit anderen Produkten ist somit überflüssig. Werbegeschenke oder Kostproben werden als Gefälligkeiten gesehen und erzeugen einen Druck sich zu einer Gegenleistung verpflichtet zu fühlen. Kostenlose Probeabos verwandeln sich fast immer nach einer bestimmten Laufzeit in ein kostenpflichtiges Abonnement. Die Angst vom Verlust einer bereits bestehenden Sache bewegt den Menschen dazu das Abonnement nun gegen eine Gebühr weiter verwenden zu können. Der Decoy-Effekt lässt sich anhand eines einfachen Beispiels erklären. Sie kaufen ein Buch und haben die Optionen einer Onlineversion, einer Printversion oder beide Versionen zusammen. Der Haken: Die Printversion und beide Versionen zusammen kosten identisch viel Geld. Selbstverständlich greift man logischerweise zu der Option in der beide Versionen vorhanden sind. Wenn nun die Option der reinen Printversion nicht angeboten werden würde, würden Sie dann die Option mit beiden Versionen kaufen oder doch eher die günstige Onlineversion? Ein vorgaukeln einer nur noch sehr geringen Stückzahl lässt einen Druck von Zeitknappheit entstehen. Viele Konsumenten haben dieses Produkt offenbar gekauft und erfreut sich deshalb großer Beliebtheit und guter Qualität. Ein sofortiger Kauf wird dadurch fast unumgänglich. Nach dem Prinzip der sozialen Bewährtheit werden häufig Kundenrezensionen und Produktempfehlungen verwendet. Es gilt das Prinzip: „Was alle kaufen, kann ja nur gut sein.“. [10]

Fazit

Der Mensch als Konsument ist stets der Überzeugung sein gesamtes Handeln zu hundert Prozent selbst zu bestimmen. Doch diese Fassade fängt bei genauerer Betrachtung sehr schnell an zu bröckeln. Es gibt unzählige Strategien und Tricks, um den Käufer zu beeinflussen. Doch diese sind sehr häufig so subtil und unterschwellig, dass wir als „Bestimmer“ davon gar nichts mitbekommen.

Sind wir dem Konsumwahnsinn nun hilflos ausgeliefert? Nein. Keiner dieser Tricks ist unüberwindbar. Sie machen sich nur die grundlegenden Verhaltensweisen und Entscheidungsprozesse zunutze. Dies bedeutet jedoch nicht, dass man immer und zwangsweise so handeln muss, wie es vorausgesagt wird.

Geht man als bestimmender Konsument bewusster, aufmerksamer und intelligenter mit Produkten um, so kann man auch durchaus „Bestimmer“ bleiben.

Literaturnachweis:

 

Krengel, M.: Kategorisierungseffekte: Eine verhaltenswissenschaftliche Analyse der Wirkung von Sortimentskategorisierungen auf den Auswahlprozess für komplexe Gebrauchsgüter, Springer Verlag, 2014

Hellrung, I.: Auswirkungen der Einkaufswege und der Zeit auf das Kaufverhalten der Kunden im Laden, diplom.de, 2012

Merk, Prof. Dr. J./ Meister, Dipl. –Kffr. A./ Thunsdorff, C.: Markt- und Werbepsychologie, SRH Fernhochschule Riedlingen, 1. Auflage, 2013

Schramm, S./ Wüstenhagen, C.: Die tägliche Verführung, 10.04.2012, S. 2, URL:

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/03/Werbung-Manipulation-Kaufrausch/seite-2 (14.09.2016)

Drimalla H.: Das Gehirn im Supermarkt, 16.10.2011, URL:

https://www.dasgehirn.info/entdecken/gehirn-und-geld/das-gehirn-im-supermarkt (14.09.2016)

Heuristik in der Werbung: URL:

http://eurotext-ecommerce.com/blog/2015/07/27/heuristik-in-der-werbung/ (14.09.2016)

Sanfte Manipulation: 5 einfache Grundsätze der Psychologie, die du im Marketing nutzen solltest, 26.06.2015, URL:

http://t3n.de/news/sanfte-manipulation-5-einfache-619087/ (14.09.2016)

 

 

Bildquellen:

 

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Quelle: http://de.freepik.com/fotos-kostenlos/schaufenster-mit-verkaufsforderung_854348.htm, Lizenz: C

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Fußnoten:

 

[1] Vgl. Krengel, M.: 2014, S. 30.

[2] Vgl. Hellrung, I.: 2012, S. 17.

[3] Vgl. Merk, Prof. Dr. J./ Meister, Dipl. –Kffr. A./ Thunsdorff, C.: 2013, S. 40.

[4] Vgl. Hellrung, I.: 2012, S. 17.

[5] Vgl. Merk, Prof. Dr. J./ Meister, Dipl. –Kffr. A./ Thunsdorff, C.: 2013, S. 42 f.

[6] Vgl. Krengel, M.: 2014, S. 31.

[7] Vgl. http://t3n.de/news/sanfte-manipulation-5-einfache-619087/ (14.09.2016)

[8] Vgl. https://www.dasgehirn.info/entdecken/gehirn-und-geld/das-gehirn-im-supermarkt (14.09.2016)

[9] Vgl. http://www.zeit.de/zeit-wissen/2012/03/Werbung-Manipulation-Kaufrausch/seite-2

(14.09.2016)

[10] Vgl. http://eurotext-ecommerce.com/blog/2015/07/27/heuristik-in-der-werbung/

(14.09.2016)

 

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