By Published On: 31. August 2018Categories: Wirtschaft

Das Gerücht, dass Hersteller in ihren Geräten gezielte Schwachstellen einbauen, hält sich hartnäckig. Ziel soll es sein, die Nachfrage nach neuen Produkten zu steigern. Dieser Blogeintrag zeigt auf, was hinter der geplanten Obsoleszenz steckt und wer davon profitiert.

Geplante Obsoleszenz – worum geht’s?

Der Begriff der Obsoleszenz bezieht sich auf das gesamte Phänomen der Alterung von Produkten. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen Wort «obsolescere» ab und bedeutet so viel wie sich abnutzen, alt werden oder an Wert verlieren PONS [1]. Dies schliesst sowohl die natürliche als auch die künstliche Alterung eines Produktes mit ein. Von einer natürlichen Produktalterung spricht man dann, wenn durch den Gebrauch eine übliche Abnutzung am Fabrikat entsteht. Diese hängt einerseits von der Robustheit des Produktes und andererseits von der Art der jeweiligen Nutzung ab. Die künstliche Produktalterung oder eben die geplante Obsoleszenz meint hingegen eine vom Hersteller vorzeitig und absichtlich herbeigeführte Produktalterung, um den Absatz des jeweiligen Produkts gezielt zu steigern [2]. Die geplante Obsoleszenz erscheint in vielfältiger Form in fast allen Segmenten des Konsumgütermarkts. Die Ursachen, welche während der Nutzung zu einer produktbezogenen Obsoleszenz führen, werden durch innerbetriebliche Prozesse und zur Einhaltung von Unternehmenszielen geplant, überwacht und gesteuert. Hierbei geht es in erster Linie um die Beschleunigung eines Neukaufs von ausgewählten Produkten sowie um die Inanspruchnahme von After-Sales-Angeboten. Die Hauptgründe für geplante Obsoleszenz sind gesättigte Märkte, eine Harmonisierung der Wiederbeschaffungszyklen der Kunden sowie die Innovationsgeschwindigkeit der Hersteller und die Renditeerwartungen der Kapitalgeber [3].

Die Anfänge der geplanten Obsoleszenz

Die Anfänge der geplanten Obsoleszenz gehen bis in das frühe 20. Jahrhundert zurück. Das wohl bekannteste Symbol in diesem Zusammenhang stellt die Glühbirne dar. Nach der Erfindung 1879 brachten es industriell produzierte Glühbirnen schon bald auf eine Lebensdauer von über 2500 Stunden. Diese Leuchtzeiten wurden bis ins Jahr 1924 stets weiter optimiert [4]. An Weihnachten 1924 traf sich ein Kartell von führenden Glühbirnenhersteller zu einer Sitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, in der das Kartell beschloss, die Lebensdauer einer Glühbirne einheitlich auf 1000 Einsatzstunden zu begrenzen. Ab 1929 wurden sogar Strafen gegen jene Hersteller verhängt, welche die 1000-Stunden-Grenze im Durchschnitt wesentlich überschritten [5]. Mit dieser Selbstbegrenzung wurde die Steigerung der Verkaufszahlen beabsichtigt. Die Praktiken des Kartells flogen erst 1942 auf und nach elf Jahren Gerichtsverhandlungen wurde die künstliche Reduzierung der Lebensdauer gerichtlich untersagt. Die geplante technische Obsoleszenz hat sich weltweit in der Produktion nahezu aller Güter durchgesetzt. Taschenlampen, Nylonstrümpfe, Drucker oder Kaffeemaschinen – in all diesen Kategorien wird der Absatz mit der geplanten Obsoleszenz gesteigert. Der Kunde fühlt sich damit nicht glücklich, muss aber schnell eingestehen, dass da wohl nichts mehr zu machen ist und ein Neukauf meist billiger ist, als ein Gerät reparieren zu lassen. Im Gegensatz zu der technischen Obsoleszenz fügt sich der Mensch allerdings freiwilliger der ästhetischen Obsoleszenz. Dabei wird der Kunde zum Neukauf verleitet, indem ihm vorgehalten wird, dass sein – noch komplett funktionstüchtiges – Gerät veraltet sei und unbedingt ersetzt werden müsse. Beispiele dafür sind etwa die Jahresmodelle in der Autoindustrie oder die stets neu auf dem Markt erscheinenden Modelle von Mobiltelefonherstellern wie Apple oder Samsung. Diese beiden Formen der geplanten Obsoleszenz sind heute allgegenwärtig. In vielen technischen Geräten werden von Herstellerseite her Haltbarkeitsgrenzen eingebaut und die Reparatur der Geräte massiv erschwert. Auf der anderen Seite zielt die Werbung darauf ab, dass der Kunde nicht aus Notwendigkeit, sondern aus ästhetischen Gründen zum Neukauf verleitet wird [6].

Gegenstimmen

Die Theorie der geplanten Obsoleszenz hat allerdings ebenso viele Gegner, wie sie Befürworter hat. Denn es ist durchaus schwer, empirische und wissenschaftliche Beweise für eine vom Hersteller geplante Obsoleszenz zu erbringen. Trotzdem planen Hersteller die Lebenszyklen ihrer Produkte sehr wohl. Diese beziehen sich aber eher auf den ästhetischen als auf den technischen Ansatz [7]. Denn worin liegt der Nutzen eines Smartphones, welches zwar 100 Jahre lang funktioniert, der Kunde aber bereits nach 3 Jahren Gebrauch mehr Speicherplatz und eine bessere Kamera fordert?

Auch dem deutschen Ministerium für Verbraucherschutz liegen keine klaren Informationen über geplante Obsoleszenz vor. Denn der Konsument ist per Gesetz dazu verpflichtet, im Schadensfall die Beweispflicht für ein defektes Produkt zu erbringen. Daher können sich Hersteller meist auf einen natürlichen, altersbedingten Verschleiss berufen, um den Schaden/Defekt zu erklären [8].

 

Massnahmen

Ob geplant oder nicht, sowohl der Kunde als auch die Hersteller sollten sich ihrer Wegwerfmentalität bewusstwerden und ihr Handeln überdenken. Denn neben höheren Kosten für den Verbraucher fördern obsolete Produkte ebenfalls den Konsumzwang, Umweltverschmutzung und ein generelles Misstrauen in die Wirtschaft. Um die steigenden Kosten, Müllberge und weitere Nebenerscheinungen des stetig steigenden Konsums einzudämmen, bieten sich einige einfache Mittel an:

  • Entwicklung eines Bewusstseins für die negativen Konsequenzen unserer Konsumgesellschaft
  • Lieber leihen als kaufen (Autos, Fahrräder, Rasenmäher, …)
  • Dinge selbst bauen und gleichzeitig mit der Do-it-yourself-Mentalität Kreativität und Individualität fördern
  • Reparieren statt wegwerfen
  • Wiederverwendbare Materialien einkaufen und Recycling fördern

Fußnoten:
[1] vgl.: de.pons.com abgerufen am 15.05.18
[2] vgl.: Hübner, 2013, S.3-4
[3] vgl.: Schridde, 2015, S.8-12
[4] vgl.: Ellinger, 2013
[5] vgl.: Ellinger, 2013
[6] vgl.: Ellinger, 2013
[7] vgl: Materla, 2018, abgerufen am 18.01.18
[8] vgl.: Materla, 2018, abgerufen am 18.01.18

Quellen:

Ellinger, S. (2013). Förderung bei sozialer Benachteiligung. Stuttgard: Kohlhammer.

Hübner, R. (2013). Geplante Obsoleszenz. Wien: AK Wien.

Materla, V. (18. Januar 2018). Focus.de. Von https://www.focus.de/finanzen/praxistipps/geplante-obsoleszenz-das-steckt-dahinter_id_8318311.html abgerufen

PONS. (15. Mai 2018). de.pons.com. Von https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/latein-deutsch/obsolescere abgerufen

Schridde, M. (2014). Murks Nein Danke. oekom.

Bilderquelle:

pixabay, verfügbar unter: https: https://pixabay.com/de/elektroschrott-lampen-alt-m%C3%BCll-2049017/

 

 

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