By Published On: 16. November 2021Categories: Gesundheit, Psychologie, Wirtschaft

Mitarbeiter gesucht!

Alltag in vielen Zahnarztpraxen: In der einen Hand der Bohrer, in der anderen den Sauger und das Telefon wird zwischen Schulter und Ohr geklemmt. Währenddessen wird die Schlange am Empfang immer länger. Stress pur, für alle Beteiligten.

Immer mehr niedergelassene Zahnärzte beklagen einen erheblichen Personalmangel. Eine Auswertung der Bundesagentur für Arbeit ergab 2014, dass einer ausgeschriebene Ausbildungsstelle gerade einmal 0,6 Bewerber gegenüberstehen.[1] Im Jahr 2019 wurden der Bundesagentur für Arbeit 5622 freie Stellen für den Beruf der Zahnmedizinischen Fachangestellten gemeldet. Dem gegenüber standen 4220 arbeitslose Zahnmedizinische Fachangestellte. Der Fachkräftemangel ist in deutschen Zahnarztpraxen angekommen.[2]

Mangelnde Perspektive

Es zeigt sich, dass hohe Mitarbeiterfluktuationen multifaktoriell bedingt sind. Häufig lassen sich die Ursachen innerhalb der Zahnarztpraxis finden. Vielen Praxen fehlt es an mangelnden Führungsstrategien, fehlenden Boni-Systemen sowie beruflicher Weiterentwicklung. Ausschlaggebende Punkte sind jedoch lange Arbeitszeiten mit häufigen Überstunden und einer geringen Bezahlung.[3]

Gut ausgebildet, knapp bezahlt. Die düsteren Fakten

2017 landete der Beruf „Zahnarzthelferin“ in den Top 10 der Berufe mit dem geringsten Gehalt. Das durchschnittliche Jahreseinkommen lag bei rund 27.000 Euro. Die Bandbreite der Bezahlung ist allerdings sehr groß. 25% der Gehälter liegen unter 23.178 Euro. Realistisch betrachtet, ist das eine Summe von der kaum selbstständig gelebt werden kann.[4]

Auch im Jahr 2019 ist der Beruf Zahnmedizinische Fachangestellten im Top 10 Ranking der Berufe mit dem niedrigsten Bruttojahresgehalt (Median) nach der Ausbildung vertreten.

Abb. 1. Ranking der Berufe mit dem niedrigsten Bruttojahresgehalt 2019. (Quelle: statista)

Gute Mitarbeiterbildung sieht anders aus. Eine hohe Personalfluktuation zieht eine Reihe negativer Folgen nach sich. Zum einen bedeutet ein Personalausfall Mehrarbeit für das bestehende Team. Häufig findet jedoch kein zeitlicher oder finanzieller Ausgleich statt. Des Weiters leidet das Praxisimage unter einem häufigen Personalwechsel. Viele Patienten bauen ein Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeitern auf, was die Patientenbindung fördert. Ein häufiger Personalwechsel kann Anlass dazu sein, die Praxis zu wechseln.[5]

Was muss sich ändern? Motivation ist der Schlüssel zum Erfolg!

Motivation besteht aus extrinsischen und intrinsischen Faktoren. Extrinsische Motivation beschreibt ein Verhalten, dass durch äußere Einflüsse z.B. eine Gehaltserhöhung oder eine Bonuszahlung herbeigeführt wird. Die intrinsische Motivation beruht nicht auf äußeren Einflüssen, sondern auf der Tätigkeit selbst, weil sie z.B. als bedeutsam und Sinnstiftend wahrgenommen wird.

Ein sehr kostengünstiges und effektives extrinsisches Motivationsinstrument sind u.a. Lob und Wertschätzung. Studien von Gallup/StepStone (2011) zeigten, dass sich Praxismitarbeiterinnen vor allem mehr Lob, Anerkennung und Wertschätzung am Arbeitsplatz wünschen. Was einfach klingt, scheint jedoch ein Brennpunkt innerhalb der Praxen zu sein. Viele Zahnärzte verstehen unter einer „guten“ Mitarbeiterführung die Devise „nicht geschimpft, ist lob genug“. Gleichzeitig beklagen diese wiederum fehlende Eigeninitiative bzw. Mitdenken des Teams.[6]

Fazit

Der Fachkräftemangel in Deutschlands Zahnarztpraxen angekommen. Der Beruf der Zahnmedizinischen Fachangestellten verliert zunehmend an Attraktivität. Die Gründe dafür sind vielfältig: zum einen ermöglichen schlechte wirtschaftliche Rahmenbedingungen trotz Vollzeitbeschäftigung kaum ein autonomes Leben und zum anderen fehlt es an Wertschätzung, Lob und Anerkennung für anstrengende und komplexe Tätigkeiten. Es benötigt ein Umdenken seitens der Zahnärzte mit alten Strukturen und Denkmustern zu brechen um zu erkennen, dass  gutes Personal auch immer eine Visitenkarte der Praxis darstellt.


[1]  Vgl. Dentalmagazin (2014)

[2]  Vgl. rebmann-research (2019)

[3]  Vgl. Frodl (2016), S. 171

[4]  Vgl. Auschra (2018), S. 13

[5]  Vgl. Frodl (2016), S. 171

[6]  Vgl. Kock, Davidenko, Demuth, Korkisch, Stefanowsky (2019), S. 4-6

Quellenangaben

Auschra, R., (2018), Gesucht wird überall in der Zahnarztpraxis, Zeitschrift des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte, Heidelberg: Springer Medien

Dentalmagazin: https://www.dentalmagazin.de/praxismanagement/vermischtes/fachkraeftemangel-in-der-zahnarztpraxis/ abgerufen am: 1.11.2021

Frodl, A., (2016), Praxisführung für Zahnärzte, Wiesbaden: Springer Fachmedien

Kock, S.F. / Davidenko, C. / Demuth, S. / Korkisch, F. / Stefanowsky, T., (2019), Wir müssen reden… Mitarbeitergespräche in der Arzt- und Zahnarztpraxis, Wiesbaden: Springer Gabler

rebmann-research: https://www.rebmann-research.de/fachkraeftemangel-bei-den-zahnmedizinischen-fachangestellten / abgerufen am: 1.11.2021

Beitragsbild: Zahnarzt Zahnpflege Zahnheilkunde – kostenloses Bild auf Pixabay

Abbildung: Ranking der Berufe mit dem niedrigsten Bruttojahresgehalt (Median) nach der Ausbildung in Deutschland im Jahr 2019 / statistika

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