By Published On: 13. März 2016Categories: Literaturempfehlungen

Das Werk des mehrfach ausgezeichneten und international bekannten Neurowissenschaftlers und Kinder- und Jugendpsychiaters Dr. Daniel G. Amen zeigt mögliche biologische Ursachen für bisher eher häufiger als rein psychologisch betrachtete Probleme auf. Depressionen, Ängste, Aggressionen, AD(H)S und Verhaltensstörungen stehen dabei unter primärer Betrachtung.[1]Neueste Erkenntnisse der Hirnforschung und Untersuchungsmethoden des komplexen Organ Gehirn werden anschaulich erklärt. Es wird dabei dargestellt, wie einzelne Hirnstrukturen mit psychologischen Auffälligkeiten und Beschwerden zusammenhängen können. Weitergehend wird beschrieben wie anhand von Verhaltenstraining, Atemtechniken, Ernährung, Medikamenten und anderen Maßnahmen die verschiedenen Bereiche des Gehirns beeinflusst und verbessert werden können. Viele Fallbeispiele veranschaulichen Amens Ausführungen und selbst der eher vollkommene medizinisch- und psychologische Laie, bekommt auf etwas mehr als 400 Seiten ein fundiertes, tiefergehendes Verständnis über das Gehirn und neuronale Funktionen.

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Abb 1

Spannend sind die Ausführungen des Autors über seine Entdeckungen zu Suchtverhalten und Drogenkonsum. Es handele sich dabei, nach den Erkenntnissen des Autors, oft als unbewusste Strategien des Einzelnen um mögliche neuronale Fehlfunktionen auszugleichen. Auch depressive Menschen und Menschen mit anderen psychische Störungen sollten sich, entsprechend der Botschaft des Buches, immer auch professionellen hirnphysiologischen Untersuchungen unterziehen, umso genauer die Ursachen und somit Interventionsmöglichkeiten identifizieren zu können.[2] Besonders gut gefällt mir dabei, dass nicht primär die medikamentöse Behandlung empfohlen wird, sondern der Schwerpunkt immer auf dem persönlichen Ursachen-Verständnis und der Krankheitsedukation der betroffenen Person liegt, sowie auf der Vermittlung verhaltenstherapeutischer und eigenaktiver, nicht-invasiver Möglichkeiten zur positiven Beeinflussung der psychischen Gesundheit. Es wird zu dem klar rüber gebracht, dass es keinesfalls gerechtfertigt ist, psychisch beeinträchtigte Menschen zu verurteilen oder zu stigmatisieren. Damit thematisiert das Buch ein immer noch aktuelles und sensibles Thema. Leider schämen sich Menschen bis heute sehr für psychologische Einschränkungen, besonders innerhalb unserer modernen, westlichen Leistungsgesellschaft.[3]

FAZIT

Insgesamt handelt es sich um ein tolles Buch, hoffnungsbringend für unsere Gesellschaft, welche nach wie vor in Bezug auf den unglaublichen Komplex des menschlichen Hirns, zu großen Teilen der Forschung noch im Dunkeln tappt. Besonders wertvoll und empfehlenswert ist es sicher für Menschen welche selbst psychologischen Beeinträchtigungen oder Tendenzen zu Suchtverhalten aufweisen. Auch bei Beschäftigung mit eben diesen Personengruppen, sei es aus Berufs-/Studiumsgründen oder aufgrund von betroffenen Personen im Bekanntenkreis, bietet das Buch nützliche Informationen.

Um noch mehr die Qualität des Buches zu unterstreichen und weiter neugierig zu machen das Buch selbst zu Lesen, möchte ich hier zum Abschluss einen kurzen Auszug über Empfehlungen des Autors zur Förderung optimaler Hirnfunktionen (= ein „glückliches Gehirn“) darstellen.

 

WAS SIE FÜR IHR GEHIRN TUN SOLLTEN: [4]

  • Denken Sie positive, gesunde Gedanken und nehmen Sie sich jeden Tag Zeit, Ihr Augenmerk auf Dinge zu richten, für die sie in Ihrem Leben dankbar sind
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    Abb. 2

    Verbringen sie Zeit mit positiv denkenden, sie aufbauenden Menschen sowie mit Menschen die sie als Vorbilder ansehen

  • Erlernen Sie die Zwerchfellatmung
  • Ziehen Sie Neurofeedback oder audiovisuelle Stimulation zur Optimierung ihrer Hirnfunktion in Betracht
  •  Lernen Sie jeden Tag etwas Neues und trainieren Sie ihr Gedächtnis
  • Bewegen Sie sich in Rhythmen
  • Stellen Sie Blickkontakt zu anderen Menschen her und lächeln sie häufig
  • Singen und Summen Sie, wann immer Sie können und machen Sie Musik zu einem Bestandteil ihres Lebens
  • Nehmen Sie selbst geringfügige Kopfverletzungen ernst
  •  Sorgen Sie für Sinn, Ziele, Spannung und Aufregung in Ihrem Leben
  • U.V.M ( Insgesamt 50 Empfehlungen)

 

WAS SIE DEM GEHIRN NICHT ANTUN DÜRFEN: [5]

  • Ihre ANTS (= automatische negative Gedanken/ „Thoughts“) füttern
  • In Schwarz-Weiß-Mustern denken
  •  Das Schlimmste prophezeien
  •  Sex als Waffe im Umgang mit dem Partner einsetzen
  •  Sich Selbst oder Andere negativ abstempeln, Drogensüchtige als moralisch minderwertig verurteilen
  • Gedanken ewig im Kopf kreisen lassen
  • Kopfbälle beim Fußball spielen , ohne Sicherheitsgurt Auto fahren
  • Viel Koffein und Alkohol konsumieren
  • U.V.M. ( Insgesamt 50 Empfehlungen)

 

Quellenangabe

Daniel G. Amen (2010): Das glückliche Gehirn So nehmen Sie Einfluss auf die Gesundheit Ihres Gehirns – Ängste – Aggressionen – Depressionen überwinden, München

Katschnig H. (1980): Sozialer Stress und Psychische Erkrankungen, München

Holzmüller, M. (2011) : „Burn-out klingt besser“. Psychische Erkrankung im Job. URL:   http://www.sueddeutsche.de/karriere/psychische-erkrankung-im-job-burn-out-klingt-besser-1.138757

Beitragsbild: eigene Fotografie

Abb 1 und 2: https://pixabay.com/de/

 

[1] Vgl.Amen,D.G.,2010,S.2

[2] Vgl.Amen,D.G.,2010,S.336f

[3] Vgl.Katschnig,H.,1980,S.90ff / http://www.sueddeutsche.de/karriere/psychische-erkrankung-im-job-burn-out-klingt-besser-1.138757

[4] Vgl.Amen,D.G.,2010,S.445-448

[5] Vgl.Amen,D.G.,2010,S.449-451

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