By Published On: 18. April 2016Categories: Psychologie, Wirtschaft

Betrachten wir eine Werbeanzeige, so nehmen wir fast immer als erstes und auch am längsten die dargestellte Bildwelt wahr.[1] Unser Gehirn kann Bilder ganz einfach schneller und simultaner erfassen, als es bei einem Text der Fall ist. Außerdem behalten wir sie einfacher im Gedächtnis.[2] Kein Wunder also, dass Bilder für die Werbewirkung von enormer Bedeutung sind. Denn sie haben eine weitere Gabe:

 

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Bilder transportieren Emotionen so aufrichtig und ergreifend wie kein anderes Medium. Manche werden diese beiden TV-Spots kitschig nennen, andere unwirklich. Aber niemand wird bestreiten können, dass diese Spots hochgradig emotional sind.

Betrachten wir, wie Bilder in der Werbung wirken. Bilder können in verschiedenster Form auftreten: visuell, akustisch, haptisch, gustatorisch, kinästhetisch oder auch im Kopf des Konsumenten als Erinnerung.[3] Wir konzentrieren uns in diesem Beitrag auf „äußere visuelle Bilder“. Felser unterscheidet hierzu zwei unterschiedliche Theorien der Bildwirkung.[4]

Erstere ist unter dem Namen Abbildtheorie bekannt. Sie vertritt eine traditionelle und in der Fachliteratur oft als überholt bezeichnete Ansicht: Bilder repräsentieren die Wirklichkeit. Sie wirken, weil der Betrachter in der Abbildung reale Objekte bzw. Situationen wiedererkennen kann. Die Verarbeitung der Bildreize erfolgt dabei eher affektiv als kognitiv. Die emotionale Ebene steht also im Vordergrund.

Frau trinkt

Abb. 1

Auf dem rechten Bild sieht der Konsument eine Frau, die genussvoll ein Glas Eistee trinkt. Wäre dies ein Werbebild für eine Eisteemarke, so würde er nun laut der Abbildtheorie sowohl die Situation (Eistee trinken) als auch die Emotion (Genuss) auf das beworbene Produkt übertragen. So weit, so gut. Das oben gezeigte Bild wäre allerdings eine sehr plakative und wenig differenzielle Werbung für eine Eisteemarke. Geht man in der Bildwelt einen Schritt weiter und stellt sie in eine abstraktere Beziehung zur Marke, so stößt die Abbildtheorie an ihre Grenzen. Die linke Abbildung zeigt uns zum Beispiel, warum dies so ist.

Denn wie würde laut der Abbildtheorie dieses Bild von Gras fressenden Kühen in Bezug auf eine Milchwerbung wirken? Die für den Konsumenten sichtbare und reale Situation wäre das Fressen und die Emotion wahrscheinlich irgendetwas im Bereich Idylle. Und hier werden die Grenzen der Abbildtheorie offensichtlich.

Da diese dem Konsumenten die kognitive Transferleistung abspricht, besäße das Bild in einer Milchwerbung beispielsweise keinen großen Nutzen. Aus einem einfachen Grund: Der Betrachter könnte keine Verbindung zum Produkt herstellen.

An diesem Punkt schafft die aktuellere Theorie der Bildrhetorik Abhilfe. Sie unterscheidet sich in zwei grundlegenden Punkten von der Abbildtheorie. Bildwirkung ist laut ihr von kulturellen Regeln und Erfahrungen abhängig. Eine Abbildung aktiviert demnach im Kopf des Konsumenten alle Schemata (Informationsmuster), die Erfahrungen mit den abgebildeten Objekten enthalten. Des Weiteren nimmt die Theorie der Bildrhetorik an, dass Bilder vom Konsumenten sowohl in affektiver als auch in kognitiver Weise verarbeitet werden. Er ist also in der Lage, Emotionen und Informationen auch aus Analogien und Metaphern auf das beworbene Produkt zu übertragen. Betrachten wir dies noch einmal an dem Bild der Gras fressenden Kühe. Die Theorie der Bildrhetorik würde hier folgenden Wirkungsverlauf nahelegen: Der Konsument sieht die Natur und überträgt die Emotion „Idylle“ auf das Produkt. Außerdem sieht er die Kühe, die auf einer großen schönen Weide stehen und saftiges grünes Gras fressen. Mit diesem Bild assoziiert er glückliche Kühe, die gesund ernährt werden. Dank der kognitiven Verarbeitung ist er in der Lage, den „Öko- und Gesundheitsaspekt“ auf das beworbene Milchprodukt zu übertragen. Laut der Theorie der Bildrhetorik kann man also wirksam ein Produkt bewerben, ohne es zu zeigen.

 

Wir wissen nun, wie Bilder in der Werbung wirken. Wie aber müssen sie gestaltet sein, um die richtige und bestmöglichste Wirkung zu entfalten?

So, dass sie aktivieren und in Erinnerung bleiben.[5]

Ein Bild aktiviert, wenn es ein Schema, also Erfahrungen des Konsumenten, anspricht. Und zwar aktiviert es dann sämtliche Erfahrungen, die jemand mit den abgebildeten Objekten im weitesten Sinne je gemacht hat.

Abb. 3

Abb. 3

Werbung für Bier beispielsweise soll meistens eher männlich wirken. Eine kräftige Hand, die eine Flasche Bier fest umschließt, aktiviert das Schema Männlichkeit.
Bei der Aktivierung durch Bilder ist es wichtig zu beachten, dass etablierte bzw. „gelernte“ Bilder deutlich schneller und besser wirken, als neue und ungesehene Motive. Allerdings schränken sie verständlicher Weise oft auch die Differenzierung der Bildwelt einer Marke ein. Es empfiehlt sich also, „gelernte“ Bilder zu verwenden, die aber trotzdem möglichst nur mit dem einen beworbenen Produkt harmonieren.

Nun ist uns klar, wie Bilder Aktivierung hervorrufen. Wann jedoch bleiben Sie in Erinnerung? Meist betrachten wir eine Anzeige nicht länger als zwei Sekunden. Was wir in diesen zwei Sekunden nicht erfassen können, hat also gar keine Chance, in Erinnerung zu bleiben. Deshalb sollte eine Anzeige niemals mehr als sieben Elemente beinhalten. Alleine Headline, Marken-Logo und Claim sind schon drei von ihnen, es bleiben also nicht viele übrig. Dementsprechend einfach muss das Bild einer Anzeige zu erfassen und verstehen sein. Dies sind formale Voraussetzungen dafür, dass Bilder in Erinnerung bleiben können. Doch wann fressen sie sich wirklich in unser Gedächtnis? Wenn sie etwas bereits in unserem Kopf Vorhandenes aktivieren. Denn nur dann können wir die neuen Bildinformationen direkt mit dem Vorhandenen verknüpfen. Bereits vorhanden sind auf der einen Seite Kenntnisse und Erfahrungen, auf der anderen Seite Bedürfnisse, Wünsche und Interessen.

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Abb. 4

Stellen wir uns vor, es ist Sommer. Brennende Hitze, wir haben den heißesten Tag des Jahres. Dann sehen wir dieses Bild. Die Eiswürfel aktivieren aus Erfahrung automatisch das Schema Erfrischung und unser momentanes Bedürfnis (Durst). Das heißt natürlich nicht, dass wir direkt am nächsten Kiosk eine Cola kaufen, aber es verstärkt zumindest unterbewusst die Erinnerung an die „Erfrischung Cola“.

 

 

Fazit:

Halten wir das Wichtigste zur Wirkung von Bildern in der Werbung noch einmal auf einen Blick fest: Bilder werden unglaublich schnell wahrgenommen und eignen sich bestens zum Transport von Emotionen. Sie aktivieren im Kopf des Konsumenten Erfahrungen, kulturelle Schemata und Bedürfnisse oder Wünsche – ob bewusst oder unterbewusst.

 

 

Verweise:

[1] Vgl. Kroeber-Riel, W./Esch, F.: 2004, S. 243

[2] Vgl. Felser, G.: 2015, S. 345

[3] Vgl. Kramer, D.: 1998, S. 14

[4] Vgl. Felser, G.: 2015, S. 345f.

[5] Felser, G.: 2015, S. 347ff.

 

Literaturverzeichnis:

Felser, Georg: Werbe- und Konsumentenpsychologie. 4. Auflage. Springer Verlag. Berlin 2015

Kramer, Dominik: Fine-Tuning von Werbebildern. Ein verhaltenswissenschaftlicher Ansatz für die Werbung. Deutscher Universitäts Verlag. Wiesbaden 1998

Kroeber-Riel, Werner und Esch, Franz-Rudolf: 6. Auflage. Kohlhammer Verlag. Stuttgart 2004

 

Abbildungsverzeichnis:

Abb. 1: https://pixabay.com/de/getr%C3%A4nke-niedlich-di%C3%A4t-trinken-16001/   (01.05.16)

Abb. 2: https://pixabay.com/de/kuh-allg%C3%A4u-k%C3%BChe-niedlich-982494/   (01.05.16)

Abb. 3: https://pixabay.com/de/bier-flasche-hand-halten-wei%C3%9Fbier-933028/   (01.05.16)

Abb. 4: https://pixabay.com/de/getr%C3%A4nk-erfrischungsgetr%C3%A4nk-872590/   (01.05.16)

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